Pressemitteilung vom 25.01.2006.
Anlässlich der 1. Lesung des Antrags von Bündnis 90/ Die Grünen "Die Dienstleistungsrichtlinie verbessern - das europäische Sozialmodell bewahren" im Deutschen Bundestag am 26. Januar 2006, erklärt Elisabeth Scharfenberg, pflegepolitische Sprecherin von Bündnis 90/ Die Grünen:
"Auch Pflegedienstleistungen müssen von der Richtlinie ausgenommen werden. Das darin vorgesehene Herkunftslandprinzip würde die in Deutschland geltenden pflegerischen Qualitäts- und Sicherheitsstandards gefährden. Auch weiterhin müssen die Mitgliedsstaaten allein verantwortlich sein für die Organisation und Finanzierung ihrer Pflegedienstleistungen sowie auch ihrer sozialen Sicherungssysteme.
Besonders in grenznahen Regionen, wie z.B. Oberfranken, wäre das Herkunftslandprinzip eine massive Bedrohung für hiesige Pflege-Anbieter. Pflege-Dienste aus anliegenden EU-Mitgliedsstaaten könnten dann pflegerische Leistungen zu den Standards ihres Herkunftslandes anbieten. Auch die Kontrolle der Leistungen würde dem Herkunftsland obliegen. Es wäre für inländische Anbieter kaum möglich, in diesem ungleichen Wettbewerb zu bestehen. Verbraucher/innen müssten sich bei eventuellen Qualitätsmängeln oder Klagen ebenfalls an das Herkunftsland wenden. Das kann nicht Sinn der Sache sein.
Wir Grüne unterstützen das grundsätzliche Ziel der Richtlinie von mehr Beschäftigung, mehr Wettbewerb und von weniger Bürokratie. Auch die weitere Öffnung des Marktes für Anbieter aus anderen Mitgliedsstaaten kann wichtige und belebende Wettbewerbs- und Qualitätsanreize auch im Sinne der Verbraucher/innen liefern. Diesen Anbietern darf nicht unter dem Pauschalvorbehalt geringerer Leistung oder Qualität begegnet werden. Das gilt insbesondere auch für den Pflegebereich. Das Herkunftslandprinzip jedoch ist dazu als Mittel denkbar ungeeignet. Einen Wettbewerb um möglichst geringe Pflege-Standards können wir uns nicht leisten.
Der Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments hat im November vorgeschlagen, einige zentrale Bereiche vom Herkunftslandprinzip auszunehmen. Wir unterstützen diese Ausnahmen und setzen darauf, dass sie in der 1. Lesung des Europäischen Parlaments bestätigt werden. Zu den ausgenommen Feldern zählen auch die besonders sensiblen Gesundheitsdienstleistungen wie Krankenhaus-, Arzt- und Zahnarztversorgung. Pflegedienstleistungen sind aber nach wie vor nicht ausgenommen. Das halten wir für inkonsequent und inakzeptabel."